Kommunalwahl 2024

26.05.2024 – Kommunalwahl zum Stadtrat in Steinbach-Hallenberg – eine formelle Betrachtung

Updates zum Thema für Ungeduldige:

Update 23.09.2024 – Klage zur Wahlanfechtung der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg am VG Meiningen eingereicht

Update 04.09.2024 – Entscheidung der Rechtsaufsicht zur Wahlanfechtung der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg liegt vor

Update 16.07.2024: Bericht des MDR zur Wahlanfechtung Steinbach-Hallenberg

Update 13.07.2024: Stellungnahme von Bürgermeister Markus Böttcher gegenüber Tageszeitung Freies Wort

Update 12.07.2024 Teil II: Statement von Rechtsanwalt Thomas Keller zur Wahlanfechtung

Update 12.07.2024: Hinweis zum Artikel der Tageszeitung Freies Wort vom 13.07. zur Wahlanfechtung

Zusammenfassung zum Thema Kommulanwahl Steinbach-Hallenberg

Diese Website bietet eine rechtliche Beurteilung der Kommunalwahl. Der Autor dieses Beitrages hat die Wahlanfechtung nicht erklärt oder dazu aufgefordert. Bei der Durchführung der Kommunalwahl ist hinsichtlich der Neutralitätspflicht eine ähnliche Rechtsverletzung erfolgt, welche 2006 zur Erklärung der Ungültigkeit der Wahl geführt hat und eine Wahlwiederholung zur Folge hatte.

Da die Durchführung der Wahl Fragen zur Rechtmäßigkeit aufwirft, sollen nachfolgende Ausführungen interessierten Bürgern die Möglichkeit bieten, sich über die Hintergründe und Stand des Verfahrens zu informieren.


Rechtliche Beurteilung der Kommunalwahl Steinbach-Hallenberg 2024

Am 26.05.2024 waren in Thüringen Kommunalwahlen. In Steinbach-Hallenberg wurden die Mitglieder des Stadtrates gewählt. Die Wahl des Bürgermeisters findet in Steinbach-Hallenberg im Jahr 2025 statt. Folgende Parteien und Wählervereinigungen stellten sich zur Wahl:

  • Wählergemeinschaft Pro8
  • Wählergemeinschaft Haselgrund – WGH
  • CDU Steinbach-Hallenberg
  • Die Linke
  • Gemeinsame Liste der Piratenpartei, ÖDP und der Partei „Die Partei“

Die Wahlergebnisse habe ich unter https://cdu-haselgrund.de/2024/05/27/ergebnis-der-kommunalwahl-2024-fuer-den-stadtrat-der-stadt-steinbach-hallenberg/ veröffentlicht.

Die Wahl wurde von der Stadtverwaltung unter Markus Böttcher, Pro8 unterstützt, durchgeführt. Zum Wahlleiter wurde Timo Gallmüller, Leiter des Hauptamtes der Stadt Steinbach-Hallenberg, bestimmt.

Rechtliche Grundlagen einer Kommunalwahl

Thüringer Gesetz über die Wahlen in den Landkreisen und Gemeinden
(Thüringer Kommunalwahlgesetz – ThürKWG -)
 vom 16. August 1993 – https://landesrecht.thueringen.de/bsth/document/jlr-KomWGTHrahmen

Thüringer Kommunalwahlordnung
 (ThürKWO)
 vom 2. März 2009 – https://landesrecht.thueringen.de/bsth/document/jlr-KomWOTH2009V5IVZ

Thüringer Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen der Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften und Landkreise
 (Thüringer Bekanntmachungsverordnung – ThürBekVO -)
 vom 22. August 1994 – https://landesrecht.thueringen.de/bsth/document/jlr-BekVTHV1P1

Neben den Vorschriften des Landesrecht Thüringen sind ist des Ortsrecht der Kommune relevant, hier insbesondere die Hauptsatzung und Geschäftsordnung der Stadt Steinbach-Hallenberg.

Hauptsatzung der Stadt Steinbach-Hallenberg: https://cdu-haselgrund.de/wp-content/uploads/2024/04/Gesamtausgabe_Hauptsatzung_Stadt_Steinbach-Hallenberg_Stand_19042024.pdf

Geschäftsordnung der Stadt Steinbach-Hallenberg: https://cdu-haselgrund.de/wp-content/uploads/2024/04/Gesamtausgabe_Geschaeftsordnung_Stadt_Steinbach-Hallenberg_Stand_19042024.pdf

Diese Regelungen sollen sicher stellen, dass eine Wahl geordnet und fair abläuft, eine Chancengleichheit für alle Bewerber besteht und damit die Grundsätze der Demokratie gewahrt werden.

Neben den gesetzlichen Regelungen gibt es Rechtsprechung, die die Gesetze konkretisiert und der Verwaltung, bzw. den die Wahl durchführenden Personen konkrete Handlungsanweisungen gibt, was zulässig ist, und was nicht.

Sollten sich Bewerber oder Wähler benachteiligt sehen, steht als Rechtsmittel die Wahlanfechtung zur Verfügung. Hat die Wahlanfechtung Erfolg, muss die Wahl wiederholt werden.

Wahlorganisation und Durchführung der Kommunalwahl

Vorschriften zur Bekanntmachung

Wichtige Regeln bei der Durchführung von Wahlen betreffen die Bekanntmachung der jeweiligen Ereignisse in Vorbereitung und Durchführung einer Wahl. Diese Regeln sollen allen Bürgern einen chancengleiche Teilnahme an der Wahl ermöglichen. Durch öffentliche Bekanntmachung soll allen Bürgern der Zugang zu wahlentscheidenden Informationen ermöglicht werden.

Regelungen in der Hauptsatzung der Stadt Steinbach-Hallenberg zur Bekanntmachung

In der Hauptsatzung der Stadt Steinbach-Hallenberg sind öffentliche Bekanntmachungen in § 13 geregelt.

§ 13 Öffentliche Bekanntmachungen

(1) Die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen der Stadt erfolgt durch Veröffentlichung im „Amtsblatt der Stadt Steinbach-Hallenberg“. Auf den Urschriften der Satzungen sind die Form und der Tag der öffentlichen Bekanntmachung schriftlich zu vermerken.
(2) Kann wegen eines Naturereignisses ….

(3) Die ortsübliche öffentliche Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzungen des Stadtrats, der Ausschüsse oder des Ortsteilrates erfolgt durch Aushang an folgenden Verkündungstafeln innerhalb des Stadtgebietes:
– Steinbach-Hallenberg: Rathausplatz 2, auf dem Rathausvorplatz,
– Altersbach: Altersbacher Hauptstraße 25, Büro des Ortsteilbürgermeisters
– Bermbach: Am Markt, Dorfgemeinschaftshaus, Bermbacher Hauptstraße 48,
– Herges-Hallenberg: Brücke Suhler Straße/Dörntal,
– Oberschönau: Parkplatz, Oberschönauer Hauptstr. 62, Büro des Ortsteilbürgermeisters
– Rotterode: Rotteroder Hauptstr. 11, Büro des Ortsteilbürgermeisters
– Unterschönau: Park an der Unterschönauer Hauptstraße
– Viernau: Forststr. 16, Bürgerbüro

Die Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzungen des Stadtrats, der Ausschüsse und des Ortsteilrates ist mit dem Ablauf des ersten Tages des Aushangs an den Verkündungstafeln vollendet. Die entsprechenden Bekanntmachungen dürfen jedoch erst am Tag nach der jeweiligen Sitzung abgenommen werden.

(4) Für Wahlen gilt Abs. 3 entsprechend.

(5) Für sonstige gesetzlich erforderliche (öffentliche, amtliche oder ortsübliche) Bekanntmachungen gilt Absatz 1 entsprechend, sofern nicht Bundes- oder Landesrecht etwas anderes bestimmt.

Die Hauptsatzung der Stadt Steinbach-Hallenberg unterscheidet also hinsichtlich der Bekanntmachung zwischen der Bekanntmachung von Satzungen, Abs. 1, und der Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnungen von Sitzungen. Während Satzungen am Amtsblatt bekannt gemacht werden müssen, dürfen Zeit, Ort und Inhalt von Sitzungen in Verkündungstafeln, den Schaukästen, ausgehangen und damit veröffentlicht werden.

Weiterhin regelt die Hauptsatzung, das für Wahlen Abs.3 entsprechend gilt. Benachrichtigungen im Rahmen der Wahl sind nach Hauptsatzung in den Verkündungstafeln zu veröffentlichen.

Regelung der Thüringer Bekanntmachungsverordnung – ThürBekVO , www.landesrecht.thueringen.de/bsth/document/jlr-BekVTHV1P1

§ 1 Formen der öffentlichen Bekanntmachung

(1) Satzungen einer Gemeinde werden in einer gedruckten Ausgabe des Amtsblatts öffentlich bekanntgemacht. Abweichend von Satz 1 kann die Gemeinde in der Hauptsatzung festlegen, dass die Satzungen ausschließlich in einer elektronischen Ausgabe des Amtsblatts öffentlich bekanntgemacht werden und diese elektronische Ausgabe auf einer Internetseite bereitgestellt wird.

Auch die Thüringer Bekanntmachungsverordnung sieht für Satzungen die Veröffentlichung im Amtsblatt vor. Ausnahmen gibt es u.a. für Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern.

Für die Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung von Sitzungen sieht die Bekanntmachungsverordnung keine Regelung vor.

Fraglich ist nun, ob die Regelung in § 13 Abs. 3 der Hauptsatzung der Stadt Steinbach-Hallenberg zulässig ist.

Weiterhin ist fraglich, ob die Regelung der Veröffentlichung an den Verkündungstafeln auch für Wahlen zulässig ist, wie in § 13 Abs. 4 der Hauptsatzung geregelt.

Die Stadt Steinbach-Hallenberg scheint davon auszugegehen, dass zumindest § 13 Abs. 4 der Hauptsatzung nicht rechtmäßig ist. Anders wäre das Verhalten des Wahlleiters, die Herausgabe von zwei Sonderausgaben des Amtsblattes zur Wahl, nicht zu erklären.

Download:

Amtsblatt Steinbach-Hallenberg – Ausgabe 04/2024, Erscheinungstermin 28.03.2024: https://www.steinbach-hallenberg.de/fileadmin/user_upload/Amtsblatt/amtsblatt_2024/Amtsblatt_04-2024_Sonderausgabe_Wahlen__Amtsblatt.pdf

Amtsblatt Steinbach-Hallenberg – Amtsblatt 05/2024, Erscheinungstermin 12.04.2024: https://www.steinbach-hallenberg.de/fileadmin/user_upload/Amtsblatt/amtsblatt_2024/Amtsblatt_05-2024.pdf

Amtsblatt Steinbach-Hallenberg – Ausgabe 06/2024, Erscheinungstermin 03.05.2024: https://www.steinbach-hallenberg.de/fileadmin/user_upload/Amtsblatt/amtsblatt_2024/Amtsblatt_06-2024_Sonderausgabe_Wahlen__Amtsblatt.pdf

Amtsblatt Steinbach-Hallenberg – Ausgabe 07/2024, Erscheinungstermin 10.05.2024: https://www.steinbach-hallenberg.de/fileadmin/user_upload/Amtsblatt/amtsblatt_2024/Amtsblatt_07-2024.pdf

 

 

Sonderausgabe Amtsblatt der Stadt Steinbach-Hallenberg zur Kommunalwahl 2024

 

Sonderausgabe 06/2024 des Amtsblattes der Stadt Steinbach-Hallenberg zur Kommunalwahl 2024

Gleichzeitig veröffentlicht der Wahlleiter Timo Gallmüller auch auf der Internetseite der Stadt Steinbach-Hallenberg „Amtliche Informationen der Wahlleitung“ und teilt unter Bezug auf § 13 Abs. 4 der Hauptsatzung mit, dass öffentliche Bekanntmachungen in den Verkündungstafeln erfolgen. Getreu dem Motto: „Doppelt hält besser“ .

Internetseite der Stadt Steinbach-Hallenberg zu Kommunalwahlen 2024

Dabei ist alles ganz einfach und eindeutig im Gesetz geregelt. § 50 der Thüringer Kommunalwahlordnung – ortsübliche öffentliche Bekanntmachungen, https://landesrecht.thueringen.de/bsth/document/jlr-KomWOTH2009V5IVZ, ist hier eindeutig:

(1) Soweit im Thüringer Kommunalwahlgesetz oder in dieser Verordnung eine ortsübliche öffentliche Bekanntmachung vorgesehen ist, erfolgt diese in der Form, die für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen in der jeweiligen Gemeinde oder in dem jeweiligen Landkreis, in der beziehungsweise dem die Wahl stattfindet, nach § 1 Abs. 4 Satz 1 oder § 5 Abs. 4 der Thüringer Bekanntmachungsverordnung vom 22. August 1994 (GVBl. S. 1045) in der jeweils geltenden Fassung vorgesehen ist. In der Hauptsatzung der Gemeinde oder des Landkreises kann für eine ortsübliche öffentliche Bekanntmachung nach dem Thüringer Kommunalwahlgesetz oder dieser Verordnung auch eine andere als die für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen vorgesehene Form bestimmt werden, soweit die Bekanntmachungsform nach der Thüringer Bekanntmachungsverordnung zulässig ist.

Die öffentliche Bekanntmachung im Rahmen der Kommunalwahl hat demnach in einem Amtsblatt zu erfolgen. Die Hauptsatzung der Stadt Steinbach-Hallenberg ist hier fehlerhaft. Da sich der Wahlleiter, abweichend von der Regelung in der Hauptsatzung, zu einer Bekanntmachung in einem Amtsblatt entschlossen hat, scheint den Anforderungen der Thüringer Wahlgesetze entsprochen zu sein.

 

Veröffentlichungsfristen der Kommunalwahl

Für die Duchführung einer Wahl ist der zeitliche Ablauf per Gesetz geregelt und die damit verbunden Handlungen damit an Fristen gebunden.

§ 17 Thüringer Kommunalwahl Gesetz: Einreichung der Wahlvorschläge

(1) Der Wahlleiter fordert frühestens drei Monate und spätestens am 58. Tag vor der Wahl durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise zur Einreichung von Wahlvorschlägen auf. Die Wahlvorschläge sind frühestens nach der Bekanntmachung im Sinne des Satzes 1 und spätestens am 44. Tag vor der Wahl bis 18 Uhr einzureichen. Wahlvorschläge können nur bis zum Ablauf der in Satz 2 genannten Frist zurückgenommen werden.

Die Aufforderung zur Einreichung der Wahlvorschläge erfolgte mit Amtsblatt 04/2024 vom 28.03.2024. Inklusive des 30.03.2024 bis zum 25.05.2024 genau 58 Tage vergangen, womit die Veröffentlichung fristgemäß erfolgt sein dürfte.

§ 8 ThürKommunalWahlO: Bekanntmachung über die Einsicht in das Wählerverzeichnis und die Erteilung von Wahlscheinen

Die Gemeindeverwaltung macht spätestens am 24. Tage vor der Wahl in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt,

1. von wem, zu welchen Zwecken und unter welchen Voraussetzungen, wo, wie lange und zu welchen Tagesstunden das Wählerverzeichnis eingesehen werden kann, …

Die Bekanntmachung über die Einsicht in das Wählerverzeichnis hat am 24. Tage vor der Wahl bekanntgemacht zu werden. Für den Wahltermin 26.05.2024 ist dies der 02.05.2024. Die Veröffentlichung für die Kommunalwahl in Steinbach-Hallenberg erfolgte im Amtsblatt Nr. 05 vom 12.04.2024. Das Datum der Veröffentlichung soll in der Regel auch das Datum der Verteilung sein. Die Veröffentlichung im Amtsblatt 05/2024 sollte damit fristgemäß erfolgt sein.

Wahlwerbung entdeckt?

§ 18 Thüringer Kommunalwahl Gesetz: öffentliche Bekanntmachung der Wahlvorschläge

(1) Der Wahlleiter hat die vom Wahlausschuß als gültig zugelassenen Wahlvorschläge und Listenverbindungen spätestens am 22. Tag vor der Wahl in ortsüblicher Weise öffentlich bekanntzumachen. Die Veröffentlichung der Wahlvorschläge beinhaltet nur den vollständigen Namen und den Wohnort der jeweiligen Bewerber. Die vollständige Anschrift wird nur auf Wunsch der Bewerber veröffentlicht.

Die öffentliche Bekanntgabe der Wahlvorschläge hat am 22. Tag vor der Wahl zu erfolgen. Für den Wahltag 26.05.2024 wäre dies der 04.05.2024. Die Veröffentlichung im Amtsblatt 06/2024 sollte damit fristgemäß erfolgt sein.

Erstaunlich an den im Amtsblatt  veröffentlichten Wahlvorschlägen ist, dass alle Bewerber Ihren Wohnort in der Stadt Steinbach-Hallenberg haben. Bewerber aus den Ortsteilen Altersbach, Bermbach, Rotterode, Oberschönau, Unterschönau und Viernau scheint es nicht zu geben.

Liste der Bewerber zur Kommunalwahl Steinbach-Hallenberg aus dem Amtsblatt 06/2024.

Der amtliche Wohnort der Bewerber mag nach der Fusion der Gemeinden im Haselgrund Steinbach-Hallenberg sein. Zur Unterscheidung und Identifizierung der Bewerber bei Namensgleichheit innerhalb der Bürgerschaft wäre die Angabe des Ortsteiles sicher sinnvoll gewesen. Ob die Angabe des Ortsteiles, wie bei der Meldeanschrift im Personalausweis üblich, zwingend erforderlich gewesen wäre, bedarf der Klärung. Der Eingliederungsvertrag regelt hier beispielsweise, das die Ortsteilnahmen im amtlichen Sprach- und Schriftverkehr weiter zu verwenden sind.

Gestaltung der Wahlzettel

Sofern die Gestaltung der Wahlzettel der amtlichen Veröffentlichung der zugelassenen Wahlvorschläge und Listenverbindungen entspricht, wovon hier ausgegangen wird, stellt sich in Bezug auf die Nennung des Wohnortes eine weitere Frage. Anlage 9 zur Thüringer Kommunalwahlordnung , https://wahlen.thueringen.de/kommunalwahlen/gesetze/Anlagen_KWO.asp , beschreibt die Vorlage des Stimmzettel zur Wahl der Gemeinderatsmitglieder der Gemeinde (mindestens zwei zugelassene Wahlvorschläge). Diese Vorlage enthält einen eindeutigen Hinweis:

In den Stimmzettel können einheitlich akademische Grade sowie weitere Angaben über die Person der Bewerberinnen oder Bewerber nach § 18 Abs. 1 Satz 2 und 3 ThürKWG (vollständiger Name und der Wohnort, statt des Wohnorts vollständige Wohnanschrift oder Wohnort und Erreichbarkeitsanschrift nur auf ausdrücklichen Wunsch der Bewerberinnen und Bewerber) aufgenommen werden. Es müssen derartige Angaben aufgenommen werden, falls dies zur Unterscheidung erforderlich ist.

Anlage 9 - Vorlage Stimmzettel zur KommunalwahlOhne die Veröffentlichung weiterer persönlicher Daten wäre die Angabe des Wohnortes im Sinne des Ortsteiles eine Möglichkeit gewesen, die Kandidiaten der Liste unterscheiden zu können. Dies könnte insbesondere auf Grund einer möglichen Namensgleichheit oder Namenshäufung von Namen der Listenbewerbern relevant sein.

Verhalten in Zeiten der Wahl

Amtsinhabern, z.B. Bürgermeistern, wird in Wahlen oft ein „Amtsbonus“ zugesprochen, was es für Konkurrenten erschwert, in Wahlen gegen Amtsinhaber anzutreten. Insbesondere die öffentliche Bekanntheit auf Grund des Amtes wirkt sich oft vorteilhaft für die Amtsinhaber aus. Aus diesem Grunde haben die Gerichte den Amtsinhabern vor einer Wahl strenge Regeln vorgeschrieben, um die Chancengleicheit der Wahl zu gewährleisten.

Konkret: für Amtsinhaber gilt in Zeiten der Wahl ein striktes Neutralitätsgebot. Natürlich darf auch ein gewählter Bürgermeister einen Wahlkampf führen und sich zu Wiederwahl oder zu einer Stadtratswahl stellen. Dies allerdings nur als Privatperson, als Amtsperson haben sich gewählte Bürgermeister neutral zu verhalten. Eine Verletzung dieser Neutralitätspflicht kann ein Grund für eine Wahlanfechtung sein und zur Ungültigkeit der Wahl führen.

Wahlwerbung in amtlichen Veröffentlichungen ist unzulässig. Orte für amtliche Veröffentlichungen sind neben den Amtsblättern auch die Verkündungstafeln, die Schaukästen der Stadt Steinbach-Hallenberg. Beispielhaft ein Bild der Verkündungstafel im Ortsteil Altersbach:

Verkündungstafel Schaukasten des Ortsteils Altersbach der Stadt Steinbach-Hallenberg zur Kommunalwahl 2024

Wahlwerbung entdeckt?

Amtsblatt Steinbach-Hallenberg 07/2024

Dem für dieses Thema relevanten Urteil des Verwaltungsgericht Meiningen 2 K 444/06 ME liegt u.a. folgender Sachverhalt zu Grunde: der Bürgermeister hatte vor der Wahl im amtlichen Teil des Amtsblatts der Gemeinde eine Rede mit einem Foto seiner Person , etwa wie diese hier https://haselgrund.info/wp-content/uploads/2024/06/amtsblatt-05-2024.png , veröffentlicht. Diese Rede oder Beitrag enthielt keine direkte Wahlwerbung und war 2006 allgemein üblich.

Urteil Verwaltunsgericht VG Meiningen 2 K 444/06 ME Wahlanfechtung Thüringen

In der Urteilsbegründung schreibt das Gericht u.a.:

Der Bürgermeister darf in amtlicher Eigenschaft keine Wahlempfehlungen aussprechen (BVerwG, B. v. 30.03.1992, Az.: 7 B 29/92, NVwZ 1992, 795 im Anschluss an den B. v. 29.05.1973, Az. VII B 27.73 – Buchholz 160, Wahlrecht Nr. 9 = DÖV 1974, 388). Das bedeutet, dass die Gemeinde und ihre Organe einer strikten Neutralitätspflicht unterliegen (vgl. BVerwG, U. v. 18.04.1997, Az. 8 C 5/96, BVerwGE 104, 323 = ThürVBl 1997, 201; BayVGH, U. v. 27.11.1991, Az: 4 B 91.573, NVwZ 1992, 287). Nur eine solche strikte Neutralitätspflicht der Gemeinden und ihrer Organe lässt die Verwirklichung des Anspruchs aller Wahlbewerber auf Chancengleichheit zu. Wird sie verletzt, fehlt der Wahl die demokratische Legitimation (BVerwG, B. v. 30.03.1992).

Allerdings darf sich auch ein Bürgermeister, der selbst Kandidat ist, an der Wahl beteiligen (BVerwG, B. v. 29.05.1973, a.a.O.), jedoch nur im gleichen Umfang und mit den gleichen Mitteln wie jeder Bewerber und nicht in amtlicher Eigenschaft. Auf jeden Fall ist eine Grenze überschritten, wenn der Bürgermeister nur in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben kann, etwa, wie im vorliegenden Fall, durch eine Veröffentlichung im Amtsblatt (BVerwG, B. v. 29.05.1973, Az.: VII b 27.73, Buchholz 160 Wahlrecht Nr. 9 = DÖV 1974, 388).

Aber auch Äußerungen des Bürgermeisters in amtlicher Eigenschaft, die keine Wahlempfehlung darstellen, sondern sich vielmehr in einer allgemein üblichen Öffentlichkeitsarbeit erschöpfen, sind in Wahlzeiten nur eingeschränkt oder überhaupt nicht mehr zulässig und stellen einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht der Gemeinden und ihrer Organe dar. Die Kammer folgt dem OVG Nordrhein-Westfalen (U. v. 19.08.1988, Az.: 15 A 924/86, NVwZ-RR 1989, 149) wonach die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in Wahlzeiten (BVerfG, U. v. 02.03.1977, Az.: 2 BvE 1/76, BVerfGE 14,125 = NJW 1977, 751) auf Kommunalwahlen anzuwenden ist.

Aus diesen Gründen geht die Kammer davon aus, dass entsprechend der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch bei der Wahl eines Bürgermeisters gilt, dass die Grenze zwischen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit und unzulässiger Wahlwerbung in der Vorwahlzeit auch dort überschritten sein kann, wo amtliche Veröffentlichungen sich auf eine sachliche Information des Bürgers beschränken, sich also weder durch Inhalt noch durch Aufmachung als Werbemaßnahmen zu Gunsten eigener Machterhaltung zu erkennen geben.

Insgesamt kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Veröffentlichung der Rede eine unzulässige Verletzung der Neutralitätspflicht des Bürgermeisters bei der Kommunalwahl war.

Ein solcher Verstoß, der, wie eingangs ausgeführt, die demokratische Legitimation der Wahl in Frage stellt, ist auch immer ein erheblicher Verstoß im Sinn von § 31 Abs. 1 ThürKWG. …. Dieser Verstoß war auch geeignet, dass Wahlergebnis wesentlich zu beeinflussen (§ 31 Abs. 2 Satz 3 ThürKWG). … Bei einer unzulässigen Wahlbeeinflussung muss das grundsätzlich angenommen werden .

Die Wahl war somit antragsgemäß für ungültig zu erklären.

 

Download des Urteils des Verwaltungsgericht Meiningen zur Wahlanfechtung: 06-2K-00444-U-A_Wahlanfechtung-Urteil-VG-Meiningen.pdf

Im Jahre 2006 hat das Gericht für Thüringen erstmalig zu dieser Problematik Stellung genommen. Eine langjährige Praxis vieler Gemeinden wurde nach Bekanntwerden des Urteils geändert.

Im Jahre 2024, drei Wahlen später, scheint diese Erkenntnis nicht bei allen angekommen zu sein. Insbesondere, wenn das verwendete Foto des Bürgermeisters in der Rede im amtlichen Teil des Amtsblattes mit den Bildern der Werbekampagne zur Wahl, Facebook, Instagramm usw, übereinstimmt und damit ein Wiedererkennungswert und eine Verbindung zwischen Amts- und Wahlperson geschaffen wird, ist das Verhalten zur Kommunalwahl erstaunlich.

 

Wenn ein Kandidat neben der Wahl für den Stadtrat auch für den Kreistag kandidiert, könnte auch diese Wahl von der Verletzung der Neutralitätspflicht betroffen sein.

Wie geht es weiter nach der Wahl?

Eine sehr ausführlichen und lesenswerten Beitrag hierzu hat der mdr veröffentlich: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/wahl-frist-buergermeister-stadtrat-100.html

Öffentliche Bekanntmachung des Wahlergebnis – Fristen zur Wahlanfechtung

Nach der Wahl werden die Stimmen ausgezählt, der Wahlausschuss tritt zusammen und anschließend macht nach § 9 Abs. 6 ThürWahlG der Wahlleiter die Feststellung des Wahlergebnisses einschließlich der Namen der Gewählten unter Angabe des Kennwortes in ortsüblicher Weise öffentlich bekannt.

Eine amtliche Bekanntmachung über das Wahlergebnis der Kommunalwahl der Stadt Steinbach-Hallenberg ist bisher, Stand 08.06.2024, nicht erfolgt. Die nächste Ausgabe des Amtsblattes ist für den 14.06.2024 geplant (Quelle: https://www.steinbach-hallenberg.de/index.php?id=506) .

Update 10.06.2024: das Amtsblatt Nr. 8, Erscheinungsdatum 14.06.2024 ist am 10.06.2024 Online auf der Internetseite der Stadt Steinbach-Hallenberg abrufbar.

Amtsblatt Steinbach-Hallenberg Nr.8 - 2024

Das Amstblatt 08/20024 enthält wie zu erwarten die Bekanntmachung der Wahlergebnisse der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg.

Hintergrund der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses ist neben der öffentlichen Bekanntmachung der Zusammensetzung des Stadtrates an die Bürger u.a. § 31 ThürKommunalWahlG, die Regelung zur Wahlanfechtung:

(1) Jeder Wahlberechtigte, bei der Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters oder Landrats auch jeder in einem zugelassenen Wahlvorschlag aufgestellte Bewerber, kann binnen zwei Wochen nach Bekanntmachung der Feststellung des Wahlergebnisses (Anfechtungsfrist) die Feststellung des Wahlergebnisses durch schriftliche Erklärung mit Begründung bei der Rechtsaufsichtsbehörde wegen Verletzung der Bestimmungen dieses Gesetzes oder der Thüringer Kommunalwahlordnung (Wahlvorschriften) anfechten.

In dem oben zitierten Beitrag des mdr heist es zum Thema Wahlanfechtung:

Allerdings hätten diese Anfechtungen seines Wissens nach fast nie zum Erfolg geführt. Zumindest eine Ausnahme sei ihm aber bekannt: Eine Wahlanfechtung in Südthüringen war erfolgreich gegen einen Bürgermeister, der vor seiner Wahl Werbung für Gemeinderatsmitglieder gemacht hatte – in seiner Funktion als Bürgermeister. Als Beamter habe ein Bürgermeister politisch neutral zu sein. Als Privatperson könne er jedoch seine politische Meinung äußern könne. „Aber das muss er ganz klar deutlich machen“, erläutert Müller-Grune. Die Wahl habe wiederholt werden müssen.

Der beschrieben Fall betraf die Bürgermeisterwahl im Haselgrund 2006, entschieden am Verwaltungsgericht Meiningen Az 2 K 444/06 Me , woraufhin die Wahl 2007 wiederholt werden musste. Die Regeln im Wahlkampf sollten also, insbesondere in Steinbach-Hallenberg, bekannt sein.

 

Aufnahme der Tätigkeit des neu gewählten Stadtrates – Einberufung der konstituierenden Sitzung

Am 04.06.2024 wurden die Einladungen zur ersten Stadtratssitzung des neuen Stadtrates versendet und vermutlich auch zu diesem Zeitpunkt in den Schaukästen der Stadt ausgehangen, siehe https://cdu-haselgrund.de/2024/06/05/1-sitzung-des-stadrates-am-donnerstag-13-06-2024-1830-uhr-regelschule-steinbach-hallenberg/ .

Tagesordung Stadtratssitzung 13.06.2024

Schlussbetrachtung – Ergebnis

Zu den Folgen der aufgeworfenen Frage der Rechtmäßigkeit der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg wird ggf. von Amts wegen die Rechtsaufsicht entscheiden, im Falle einer Wahlanfechtung die Rechtsaufsicht und ggf. die Verwaltungsgerichte.

Zu den durch die „unkonventionelle“ Handhabung der öffentlichen Bekanntmachungen durch zwei zusätzliche Amtsblätter entstandenen Kosten für die Bürgerinnen und Bürger, ist eine Anfrage an den Bürgermeister zu erwarten.

Quelle Amtsblatt der Statdt Steinbach-Hallenberg: https://www.steinbach-hallenberg.de/index.php?id=506

Update 22.06.2024 – Wahlanfechtung der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg bestätigt

Zwischenzeitlich gibt es eine Bestätigung, das mindestens ein Einwohner oder Einwohnerin aus Steinbach-Hallenberg oder den Ortsteilen die Wahlanfechtung der Kommunalwahl zum Stadtrat der Stadt Steinbach-Hallenberg erklärt hat, im übrigen nicht der Autor dieses Beitrages.

Bestätigung des Eingangs der Wahlanfechtung zur Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg

 

Über die Rechtmäßigkeit der Kommunalwahl in Steinbach-Hallenberg entscheidet nun die Rechtsaufsicht des Landkreises Schmalkalden-Meiningen und u.U. wieder das Verwaltungsgericht.

 

Update 09.07.2024 – Einladung zur 2. Sitzung des Stadtrates der Stadt Steinbach-Hallenberg  am Mittwoch, den 17.07.2024, um 18:30 Uhr im Ev. Altenhilfezentrum Steinbach-Hallenberg, Brunnenstraße 2, in 98587 Steinbach-Hallenberg

Die Tagesordnung zur zweiten Sitzung des neu gewählten Stadtrates von Steinbach-Hallenberg beinhaltet mehrere, im Zusammenhang mit der Kommunalwahl und der Wahlanfechtung beachtliche, Tagesordnungspunkte.

Beschluss Drucksache-Nr.: 004/8/2024/SR Neufassung der Hauptsatzung der Stadt Steinbach-Hallenberg

Mit Tagesordnungspunkt 8 steht der Beschluss einer neuen Hauptsatzung zur Debatte. Der Entwurf der Hauptsatzung wurde, zumindest nach Kenntnis des Autors, bisher nicht mit den Stadträten noch in den Ausschüssen abgestimmt oder vorbesprochen. Der Entwurf der Hauptsatzung wurde den Stadträten mit Ladung zur 2. Sitzung am 17.07.2024 übersendet.

Im Anschreiben zum Entwurf wird u.a. folgender Punkt einer Neuregelung benannt:

  • Neuregelung „öffentliche Bekanntmachung“ bzw. „ortsübliche öffentliche Bekanntmachung“ aufgrund Novellierung der Thüringer Bekanntmachungsverordnung (ThürBekVO)

Konkret ist eine Änderung des § 17 zur Öffentlichen Bekanntmachung vorgeschlagen:

(1) Die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen der Stadt erfolgt durch eine elektronische Ausgabe der Satzung auf der Internetseite der Stadt Steinbach-Hallenberg unter der Internetadresse: https://wwvv.steinbach-hallenberg.de . Bei der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung ist der Tag der Bereitstellung anzugeben. Der Bereitstellungstag ist der Tag, an dem die Satzung erstmals im Internet bereitgestellt wird.

Die Satzung kann darüber hinaus darüber hinaus während der allgemeinen Öffnungszeiten der Stadt Steinbach-Hallenberg  … eingesehen werden.

(2) Für die ortsübliche Bekanntmachung nach dem Thüringer Kommunalwahlgesetz oder der Thüringer Kommunalwahlordnung gilt Abs.1 entsprechend .

Damit wird eine grundsätzlich zulässige und im Sinne der Digitalisierung sicher wünschenswerte Änderung vorgeschlagen.

Sollte die Hauptsatzung beschlossen und angewendet werden, würden die Bürger der Stadt Steinbach-Hallenberg im Falle einer Wiederholung der Kommunalwahl nicht mehr durch das Amtsblatt über Wahlvorschläge und Bekanntmachungen zur Wahl informiert.

Damit würde nach einer möglicherweise erfolgreichen Wahlanfechtung eine eventuelle Wiederholung der Wahl weniger öffentlich und „still“ durchgeführt werden können. Das Amtsblatt der Stadt Steinbach-Hallenberg könnte weiterhin als Mittel zur Wahlwerbung verwendet werden.

Dieses mögliche Ziel der überraschend geplanten Satzungsänderung erklärt auch Abs. 3 des Satzungsentwurfes:

(3) Ausschließlich zum Zwecke der Bürgerinformationen erfolgt eine Veröffentlichung der Satzungen auch im Amtsblatt der Stadt Steinbach-Hallenberg.

Abs. 3 erwähnt nur Satzungen, die im Amtsblatt zur Bürgerinformation veröffentlicht werden sollen. Wahlbekanntmachungen sind in Abs. 3 nicht aufgeführt.

 

Das in der geplanten 2. Sitzung am 17.07.2024 zudem eine neue Geschäftsordnung der Stadt Steinbach-Hallenberg den Stadträten als „Tischvorlage“ präsentiert wird, lässt leider Transparenz und Respekt gegenüber den Stadträten und Bürgern vermissen.

Sollte tatsächlich Digitalisierung, Kostenreduzierung und Bürgernähe des Ziel der Änderung der Hauptsatzung gewesen sein, wäre ein vollständig digitales Amtsblatt sicher die bessere Möglichkeit gewesen. Würde in diesem Zusammenhang auch die Internetseite der Stadt Steinbach-Hallenberg nutzerfreundlich gestaltet, könnte man der Sache sogar etwas positives abgewinnen. Bürgern, die keinen Zugang zum Internet haben oder die Nutzung des Internets beschwerlich ist, könnte man das Amtsblatt in Papierform bereitstellen. In Anbetracht der nicht unbedingt bürgerfreundlichen Öffnungszeiten der Stadtverwaltung wäre die Auslegung an weiteren Orten, z.B. Heimathof, Touristinfo, vielleicht auch hilfreich.

 

Update 12.07.2024 – Tageszeitung Freies Wort berichtet über die Wahlanfechtung der Kommunalwahl Steinbach-Hallenberg

In der Samstagsausgabe der Tageszeitung „Freies Wort“ berichtet Redakteur Sascha Willms über die Wahlanfechtung, https://www.insuedthueringen.de/inhalt.steinbach-hallenberg-unbekannter-fechtet-stadtratswahl-an.4d952b2e-ff05-41e9-a5d6-cb1ff87a6bd2.html. Leider beginnt der Artikel in der Überschrift „Anonyme Wahlanfechtung im Haselgrund“ mit einer Fehleinschätzung oder Mißverständnis.

§ 31 des Thüringer Kommunalwahlgesetz, https://landesrecht.thueringen.de/bsth/document/jlr-KomWGTHV4IVZ , regelt in Absatz 1 zum Thema Wahlanfechtung:

Jeder Wahlberechtigte, bei der Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters oder Landrats auch jeder in einem zugelassenen Wahlvorschlag aufgestellte Bewerber, kann binnen zwei Wochen nach Bekanntmachung der Feststellung des Wahlergebnisses (Anfechtungsfrist) die Feststellung des Wahlergebnisses durch schriftliche Erklärung mit Begründung bei der Rechtsaufsichtsbehörde wegen Verletzung der Bestimmungen dieses Gesetzes oder der Thüringer Kommunalwahlordnung (Wahlvorschriften) anfechten.

Damit ist eine anonyme Wahlanfechtung ausgeschlossen. Zur Prüfung der Antragsberechtigung durch die Rechtsaufsicht ist die Angabe des Namens und der Anschrift des Anfechtenden zwingend erforderlich. Dies sollte sich auch aus der auf dieser Seite veröffentlichten Eingangsbestätigung ergeben. Die Rechtsaufsicht versendet in alle Regel keine Eingangsbestätigungen an anonyme Personen :).

Auch werden mit diesem Beitrag keine „Vorwürfe“ an den Bürgermeister gerichtet sondern das Verhalten und die Organisiation der Wahl unter rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet.

Dem Autor dieses Beitrages, der Rechtsaufsichtsbehörde und der Stadt Steinbach-Hallenberg ist die die Wahl anfechtenden Person bekannt.

In der Onlineausgabe wurde der Titel des Artikel zwischenzeitlich auf „Unbekannter ficht Stadtratswahl an“ geändert.

 

Update 12.07.2024 Teil II: Statement von Rechtsanwalt Thomas Keller

Rechtsanwalt Thomas Keller, im Verwaltungs- und Wahlrecht kompetenter Kollege aus Steinbach-Hallenberg, hat sich in den sozialen Netzwerken zu einer Wahlanfechtung bekannt und seine Beweggründe geschildert. Respekt! … Hier der Wortlaut seiner Erklärung:

Rechtsanwalt Thomas Keller

Werte Steinbacherinnen und Steinbacher,

ich bekenne mich.

Ich habe die Stadtratswahl der Stadt Steinbach-Hallenberg am 26.05.2024 angefochten.

Allerdings habe ich dies nicht anonym, sondern unter Benennung von ‚“Ross und Reiter“ getan.Die Anfechtung einer Wahl dient nicht dazu, sich ins „Amt“ zu heben, sondern sie dient in erster Linie dazu, einer Wahl demokratische Legitimation zu verleihen. Nur Wahlen, die rechtmäßig ablaufen, können demokratische Legitimation erzeugen.

Unser Altbürgermeister Christian Endter hatte es 2007 mir zu verdanken gehabt, als rechtmässiger und ordnungsgemäß legitimierter Bürgermeister von Steinbach-Hallenberg gewählt worden zu sein. Die Wahl am 26.05.2024 wurde unter Brechung vieler rechtlicher Vorgaben abgehalten. Wesentlich mehr als 2006. Die Verletzung der Neutralitätspflicht des Bürgermeisters ist hier nur ein Angriffspunkt. Es geht um eine Vielzahl anderer Rechtsverletzungen. Ich, als an der Wahl teilnehmender Rechtsanwalt, kann diese Missstände nicht unbeantwortet lassen.

Wie merkwürdig ist es, die Rechtsverstösse im Jahr 2006 nochmals zu vervielfältigen, obwohl es Schulungen zur Organisation einer Wahl im Vorfeld gab?

Jetzt sollen die zuständige Behörde und ggf. das zuständige Verwaltungsgericht entscheiden.

Ich gratuliere jetzt schon allen durch eine rechtmäßige Wahl gewählten Stadtratsmitgliedern, ausser denen, die mit ihrem Verhalten nach der ersten Wahl am 26.05.24 ihre Wähler massiv getäuscht haben und aufzeigten, welch Geistes Kind sie sind.

Thomas Keller

St.-Hbg., den12.07.24

 

Ob darüber hinaus weitere Bürger:innen aus Steinbach-Hallenberg oder den Ortsteilen die Wahlanfechtung erklärt haben, wissen nur die Rechtsaufsicht und die Stadt Steinbach-Hallenberg :). Vielleicht können Sie sich ja auch erklären und wie Rechtsanwalt Thomas Keller ein Zeichen für Transparenz und Rechtsstaat setzen.

Update 13.07.2024  Stellungnahme von Bürgermeister Markus Böttcher gegenüber Tageszeitung FreiesF Wort

Bürgermeister Markus Böttcher reagiert auf die Feststellungen gelassen und äußert sich zur Wahlanfechtung gegenüber der Tageszeitung Freies Wort wie folgt:

„Es gebe durchaus eine Eigenverantwortung der Wähler herauszufinden, wer auf den Stimmzetteln stehe. Möglichkeiten dafür gebe es vor der Wahl genug, sei es in Presseveröffentlichungen oder der Eigenwerbung der Gruppen auf Flyern oder in den sozialen Netzwerken. Das Urteil von 2006 sei mit dem vorliegenden Fall nicht zu vergleichen, denn damals habe es sich um eine Bürgermeisterwahl gehandelt. Diesmal wurde dagegen der Stadtrat gewählt. Das Editorial am Anfang mit aktuellen Informationen und seinem Foto sei Bestandteil eines jeden Amtsblattes.“

Die Äußerungen  von Bürgermeister Markus Böttcher sind erstaunlich. So finden sich beispielsweise in den Amtsblättern der Stadt Schmalkalden, https://www.schmalkalden.de/amtsblatt/oder Floh-Seligenthal, https://floh-seligenthal.de/verwaltung-und-buerger/aktuelles/amtsblatt/ , keine vergleichbares „Editoriale“ der Bürgemeister. Mit dem Verweis auf die  Eigenverantwortung der Bürger offenbart Markus Böttcher ein seltsames Demokratieverständnis.

Wahlgrundsätze gelten für alle Wahlen. Bürgermeister Markus Böttcher hat sich zulässigerweise zur Wahl als Stadtrat gestellt und die Liste der Wählervereinigung Pro 8 angeführt . Das Ziel, mit seiner Bekanntheit als Bürgermeister Stimmen für die Wählerverinigung Pro8 zu ziehen, hat funktioniert. Mit 1774 Stimmen hat Markus Böttcher die meisten Stimmen aller Kandidaten erhalten.

Die Wahl als Stadtrat hat er nicht angenommen. Die Stimmen für Markus Böttcher kommen damit den weiteren Kandiaten der Wählervereinigung Pro8 zu Gute. Die mögliche Verletzung der Neutralitätspflicht durch Bürgermeister Markus Böttcher würde sich in dieser Wahl damit mittelbar auf die gesamte Wählervereinigung Pro8 und die Stadträte der Fraktion Pro8 auswirken.

Damit hat Bürgermeister Markus Böttcher Recht wenn er meint, der Fall der Wahlanfechtung von 2006, Wahl eines Bürgermeisters, und die Wahl des Stadtrates 2024 sind nicht vergleichbar.

Die Grundsätze des Urteil des Verwaltungsgericht Meiningen 2 K 444/06 ME betreffen alle Kommunalwahlen und sind auch für die Wahl des Stadtrates anwendbar. Die Auswirkungen der möglichen Verletzung der Neutralitätspflicht sind im Fall einer erfolgreichen Wahlanfechtung gravierender als im Fall von 2006.

Update 16.07.2024 – MDR berichtet über Wahlanfechtung in Steinbach-Hallenberg

Mit Datum vom 16.07.2024 berichtet der MDR über die Wahlanfechtung in Steinbach-Hallenberg. In einem sachlich und journalistisch perfekten Beitrag wird die Probematik auf den Punkt gebracht:

Quelle: Website des MDR, Link: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/sued-thueringen/schmalkalden-meiningen/stadtratswahl-steinbach-hallenberg-ergebnis-anfechten-100.html

 

Update 04.09.2024 – Entscheidung der Rechtsaufsicht zur Wahlanfechtung der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg liegt vor

Rechtsanwalt Thomas Keller hat auf dem Facebookprofil der „Wählergemeinschaft Steinbach-Hallenberg“ am 03.09.2024 folgendes Statement veröffentlicht:

„Wichtige Informationen:
Ich habe heute ein Schreiben von Herrn Dölker von der Unteren Rechtsaufsichtsbehörde aus Meiningen erhalten, mit dem meine Wahlanfechtung zurückgewiesen worden ist.
 
Es sei bei der Wahl am 26.05.24 alles korrekt abgelaufen. Herr Dölker ist der Auffassung, dass kein Verstoss gegen die Neutralitätspflicht durch Bürgermeister Böttcher vorliegt, indem er offiziell als Bürgermeister für sich persönlich und für seine Wählergruppierung pro 8 Wahlwerbung, u. a. mehrfach und auch im Amtsblatt, vor der Wahl gemacht hat. Weiterhin behauptet Herr Dölker, entgegen den klaren gesetzlichen Vorgaben, dass sich die Wahlkandidaten, bei wie hier vorliegenden Namensdopplungen, selbst um die Unterscheidung kümmern sollten.
 
Ich werde nun, wie schon im Jahr 2006, natürlich das zuständige Verwaltungsgericht Meiningen zwecks seiner juristischen Bewertung der Vorgänge rund um die Wahl am 26.05.24 einschalten müssen.
 
Steinbach-Hallenberg, den 03.09.24
Thomas Keller“

Die Auffassung der Rechtsaufsichtsbehörde ist aus Sicht des Autors dieser Website nicht nachvollziehbar, da die Begründung der bereits im  Jahr 2006 ergangenen Entscheidung des Verwaltungsrichts Meiningen, AZ 2 K 444/06 Me, widerspricht zw. die Leitsätze des Urteils nicht berücksichtigt werden. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Entscheidung der Rechtsaufsicht und damit das Ergebnis der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg Bestand hat. 2006 hatte die Rechtsaufsichtsbehörde des Landkreises Schmalkalden-Meiningen die Anfechtung ebenfalls abgelehnt und wurde durch das VG Meiningen aufgehoben.

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht hat Herr Rechtsanwalt Keller bereits angekündigt.

Dass sich ein Stadtrat die Ablehnung der Wahlanfechtung als Erfolg zurechnet, da er ein „Gutachten mit einer umfangreichen Analyse auf Basis angewandter Wissenschaft und unter Zugrundelegung mathematischer Methodik“ erstellt und an die Rechtsaufsicht und die Landrätin versendet habe, darf getrost als Legende bezeichnet werden.

 

Update 23.09.2024 – Update 23.09.2024 – Klage zur Wahlanfechtung der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg am VG Meiningen eingereicht

Rechtsanwalt Thomas Keller hat auf dem Facebookprofil der „Wählergemeinschaft Steinbach-Hallenberg“ am 21.09.2024 veröffentlicht, dass nunmehr die Klage zur Anfechtung der Kommunalwahl 2024 in Steinbach-Hallenberg eingereicht ist. Damit entscheidet nun , wie bereits 2006, das Verwaltungsgericht Meiningen über die Rechtmäßigkeit der Wahl.

 

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